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Quantencomputing und Quantenkryptographie: Warum sich Unternehmen bereits jetzt damit auseinandersetzen sollten!
Mit dem Aufstieg des Quantencomputing und der damit verbundenen Bedrohung klassischer Verschlüsselungsverfahren rückt die Frage in den Vordergrund: Wie sicher sind unsere Daten – und wie lange noch?
Quantencomputer basieren auf den Prinzipien der Quantenmechanik und nutzen sogenannte Qubits, die sich – anders als klassische Bits – gleichzeitig in mehreren Zuständen befinden können. Diese Fähigkeit zur Superposition und Verschränkung erlaubt es Quantencomputern, bestimmte Berechnungen exponentiell schneller durchzuführen als ihre klassischen Pendants.
Daraus ergeben sich unterschiedliche Anwendungsfelder mit disruptivem Potenzial:
- Pharmaindustrie: Simulation komplexer Moleküle zur Entwicklung neuer Medikamente.
- Logistik: Optimierung globaler Lieferketten in Echtzeit
- Künstliche Intelligenz: Beschleunigung von Trainingsprozessen für Deep-Learning-Modelle.
- Finanzwesen: Risikomodellierung und Betrugserkennung auf Basis riesiger Datenmengen.
- Klimaforschung: Simulation von Wetter- und Klimamodellen mit bisher unerreichter Präzision.
- Kryptographie: Faktorisierung großer Zahlen zur Analyse klassischer Verschlüsselungsverfahren.
Wo stehen wir heute?
Unternehmen wie z.B. IBM, Google, IonQ und D-Wave haben bereits funktionsfähige Quantenprozessoren entwickelt. Doch trotz beeindruckender Fortschritte sind diese Systeme noch nicht stabil oder skalierbar genug für den breiten Einsatz. Die Forschung konzentriert sich derzeit auf die Erhöhung der Qubit-Zahl, die Fehlerkorrektur und die Entwicklung effizienter Quantenalgorithmen.
Ein bedeutender Meilenstein für die wissenschaftliche Anerkennung des Quantencomputing wurde mit dem Physik-Nobelpreis 2025 erreicht. Die Auszeichnung ging an Forscher, die grundlegende Beiträge zur praktischen Realisierung von Quantenalgorithmen und zur Skalierung von Qubit-Systemen geleistet haben.
Zudem wurde das Jahr 2025 von internationalen Forschungsorganisationen und Regierungen als „Internationales Quantenjahr“ ausgerufen. Ziel ist es, die Öffentlichkeit für die Chancen und Herausforderungen der Quantenmechanik zu sensibilisieren und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und Politik zu fördern.
Was ist der Unterschied zwischen Quantenkryptographie und Post-Quantenkryptographie?
1. Quantenkryptographie
Diese nutzt physikalische Prinzipien, etwa bei der Quanten-Schlüsselverteilung (QKD). Dabei werden Photonen in bestimmten Zuständen übertragen – ein Abhören verändert diese Zustände und wird sofort erkannt. Die Sicherheit ist also physikalisch garantiert, allerdings erfordert QKD spezielle Hardware und ist derzeit nur in Pilotprojekten einsatzfähig.
2. Post-Quantenkryptographie (PQC)
PQC basiert auf mathematischen Verfahren, die selbst von leistungsfähigen Quantencomputern nicht effizient gebrochen werden können. Im Gegensatz zur Quantenkryptographie läuft PQC auf klassischer Hardware und lässt sich in bestehende IT-Systeme integrieren. PQC bedeutet nicht, dass diese Verfahren auf Quantencomputern laufen – sondern dass sie gegen Quantenangriffe geschützt sind.
Warum Unternehmen jetzt handeln sollten
Die Bedrohung durch Quantencomputer ist nicht hypothetisch – sie ist real und zeitlich absehbar. Besonders kritisch: Daten, die heute abgefangen und gespeichert werden, könnten in wenigen Jahren entschlüsselt werden („Harvest Now, Decrypt Later“).
Unternehmen, die mit sensiblen Informationen arbeiten – etwa im Gesundheitswesen, Finanzsektor oder der Industrie – müssen daher jetzt aktiv werden.
So können sich Unternehmen bereits jetzt auf die PQC-Ära vorbereiten:
1. Verstehen Sie das Problem und wie es sich auf Ihr Unternehmen auswirkt
Bevor technische Maßnahmen ergriffen werden, sollten Unternehmen die Grundlagen von Post-Quanten-Kryptographie verstehen und analysieren, welche konkreten Risiken und Auswirkungen sich für ihre Branche, ihre Systeme und ihre Daten ergeben.
2. Kryptografische Bestandsaufnahme – inklusive Software und Anwendungen
Erfassen Sie alle eingesetzten kryptografischen Systeme: Zertifikate, Schlüssel, Algorithmen, Protokolle. Berücksichtigen Sie auch Softwarelösungen und Anwendungen, die kryptografische Funktionen enthalten – etwa E-Mail-Verschlüsselung, VPNs, Webserver, Datenbanken, mobile Apps und eingebettete Systeme (z. B. IoT-Geräte, Maschinensteuerungen).
Nutzen Sie automatisierte Tools, um veraltete oder unsichere Kryptografie zu identifizieren und Schatten-IT aufzudecken.
Führen Sie ein Kryptokataster – ein zentrales Verzeichnis aller eingesetzten kryptografischen Verfahren, Algorithmen und Schlüssel. Dieses hilft, den Überblick zu behalten und gezielt Maßnahmen zur Modernisierung und Migration zu planen.
3. Verstehen Sie Ihre Daten – welche Informationen müssen wie lange geschützt werden?
Nicht alle Daten sind gleich sensibel. Unternehmen sollten analysieren, welche Daten langfristig vertraulich bleiben müssen (z. B. Gesundheitsdaten, geistiges Eigentum, Finanzinformationen) und wie lange sie gegen zukünftige Angriffe geschützt sein müssen. Diese Bewertung hilft, Prioritäten für die Migration zu PQC zu setzen.
4. Verstehen Sie, was möglich ist – und was nicht
Nicht alle Systeme lassen sich problemlos auf post-quanten-sichere Verfahren umstellen. Altsysteme (Legacy-Systeme) können Einschränkungen haben, die eine Migration erschweren oder unmöglich machen. Unternehmen sollten frühzeitig prüfen, welche Komponenten ersetzbar, aktualisierbar oder isolierbar sind.
Kryptoagilität ist dabei ein zentrales Prinzip: Systeme sollten so gestaltet sein, dass kryptografische Komponenten flexibel und schnell ausgetauscht werden können – etwa bei neuen Standards, Bedrohungen oder regulatorischen Anforderungen.
5. Erste Risikoanalyse
Bewerten Sie, welche Systeme und Daten besonders gefährdet sind, wenn klassische Verschlüsselung durch Quantencomputer gebrochen wird.
Berücksichtigen Sie dabei sowohl technische als auch geschäftliche Risiken – etwa regulatorische Anforderungen, Reputationsrisiken oder Auswirkungen auf Kundenvertrauen.
6. Schulung & Governance
Schulen Sie IT-, Sicherheits- und Compliance-Teams zu PQC und Krypto-Agilität. Etablieren Sie Richtlinien für Algorithmus-Wechsel, Schlüsselrotation und Notfallpläne. Integrieren Sie PQC-Kriterien in Beschaffungsrichtlinien und Produktentwicklung.
7. Migrationsstrategie & Zeitplan
Erstellen Sie einen mehrjährigen Migrationsplan mit klaren Meilensteinen. Berücksichtigen Sie Lieferketten, Partner und regulatorische Anforderungen. Priorisieren Sie, was zuerst migriert werden muss, basierend auf den vorherigen Analysen – etwa besonders sensible Daten oder Systeme mit hohem Risiko.
8. Testen & Pilotprojekte
Führen Sie Pilotprojekte mit PQC-Algorithmen. Testen Sie die Auswirkungen auf Leistung, Kompatibilität und Benutzererfahrung. Arbeiten Sie mit spezialisierten Partnern zusammen, um Implementierungsfehler zu vermeiden.
Fazit: Die Zukunft beginnt jetzt
Quantencomputing ist keine ferne Vision mehr – es ist eine technologische Realität, die unsere digitale Infrastruktur grundlegend verändern wird. Unternehmen, die sich frühzeitig mit post-quanten-sicherer Kryptographie beschäftigen, sichern nicht nur ihre Daten, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit in einer durch Quantencomputing geprägten digitalen Zukunft.

Autor
Daniel Hector
Saaris

